Mittwoch, 29. August 2018

Geheimtipp: Réelle

Die Texturen, die Réelle erschafft, sind so tiefschwarz, so fluide, giftig und so wunderschön wie heißer Teer.


 











 “Most of these sounds, as well as the album title, were created during psychosis without me consciously knowing what I’m doing. Therefore I also can’t remember when or why I wrote down Ghamccccxc vRR on a piece of paper.” 

Ghamccccxc vRR ist der Titel der Debüt-LP des Künstlers und erkundet "key moments before and during Réelle’s first schizophrenic psychosis". Dabei geht es jedoch weniger um das Leid, das psychische Krankheiten verursachen, als um die damit einhergehenden Bewusstseinsveränderungen, die teils gänzlich neue Formen wahrzunehmen, zu denken und zu fühlen erschließen lassen.

Auf den durchgängig instrumentalen, aber meist stark modulierte Vocal-Schnipsel enthaltenen Tracks äußert sich das in einem Arca-ähnlichen Sound-Bombardement. Glitschige, gepitchte Synthies, ausufernde Flächen, Störgeräusch-Orgien kämpfen mit mächtigen, dekonstruierten Techno-Rhythmen ehe sich dann und wann gar eine balsamische Melodie hervortraut und sich wie eine Decke über alles legt.

Ghamccccxc vRR ist ein unheimlich emotionales, aufwühlendes Stück Musik mit einer Menge Liebe zum Detail. Dort wo man Arca in seinen schwächeren Momenten böswillig den Vorwurf der Avantgarde aus reinem Selbstzweck machen könnte, verliert sich Réelle nie in seinem experimentellem Soundgewirr und bietet dem Hörer stets ein gewisses Fundament, über das er sich durch diesen nachtschönen 29-Minuten-Trip hindurchtasten kann.

Das brachiale "Head Held High" ist neben der weiter unten verlinkten Single ein weiterer Anspieltipp. Das gesamte Album lässt sich über Bandcamp anhören und für einen kleinen Obolus erwerben.